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Rund 180 Fachleute nahmen an der 44. Bundestagung der Deutschen Landeskulturgesellschaft (DLKG) vom 12. bis 14. Juni 2024 in Dresden teil
von Prof. Dr.-Ing. Daniela Wenzel, Vorsitzende der DLKG
Wenn man die Entwicklung der ländlichen Räume im Fokus hat, dann ergeben sich vielfältige Themenstellungen. Auf der 44. Bundestagung der Deutschen Landeskulturgesellschaft (DLKG) in Dresden wurde die Unternehmensflurbereinigung genau unter die Lupe genommen: „Planung sucht Fläche – Flurbereinigung als Game-Changer“.
Die Unternehmensflurbereinigung gehört zu den klassischen Instrumenten der ländlichen Entwicklung. Was führt nun dazu, dass ihr immer mehr Bedeutung zukommt? Dass sie sogar zum Game-Changer wird?
Die Antwort ist einfach: Das klassische Ziel der Unternehmensflurbereinigung bleibt. Das ist die Bereitstellung von Fläche im großen Umfang. Was sich jedoch geändert und verschärft hat, ist das Spannungsfeld, in dem die Unternehmensflurbereinigung eingesetzt wird: Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen, Bewerkstelligung der Auswirkungen des Klimawandels, Natur- und Umweltschutz, Erhalt natürlicher Ressourcen sowie Erhalt der betrieblichen Strukturen in der Land- und Forstwirtschaft verursachen in der heutigen Zeit nie dagewesene Nutzungskonflikte bezüglich der Flächenbeanspruchung. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Flächennutzung gilt es diese Nutzungskonflikte maßgeschneidert zu lösen. Dabei ist die Unternehmensflurbereinigung durch ihren integrativen Ansatz und eine umfassende Betrachtung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen genau das richtige Werkzeug und ein echter Game-Changer.
Die Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Flurbereinigungsgesetz wird dann eingeleitet, wenn ländliche Grundstücke für Großbaumaßnahmen in Anspruch genommen werden müssen und die Enteignung nach dem jeweiligen Fachrecht zulässig ist. Durch die Unternehmensflurbereinigung wird ländlicher Grundbesitz neu geordnet, um größere und zusammenhängende Flächen für das Unternehmen lagegerecht bereitzustellen und um dadurch die Realisierung von Großbaumaßnahmen zu ermöglichen.
Die Flächenbereitstellung für ein Unternehmen bedeutet Landverlust insbesondere für die Landwirtschaft. Erfolgt dies im Zuge einer Flurneuordnung kann der Landverlust solidarisch auf einen großen Kreis von Eigentümerinnen und Eigentümern verteilt werden, sodass keine Existenzgefährdung für einzelne landwirtschaftliche Betriebe entsteht.
Ein weiterer positiver Effekt ist die Behebung entstehender Nachteile für die allgemeine Landeskultur. Die Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes und die Anpassung der Infrastruktur (Wegenetzes, Entwässerung usw.) führen dazu, dass unwirtschaftlich geformte Flächen, Restflächen aufgrund von Zerschneidungen bedingt durch den Trassenverlauf eines Unternehmens oder Umwege bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen minimiert werden. Zudem können die Belange von Natur und Landschaft optimiert berücksichtigt werden. Das Großbauvorhaben fügt sich dadurch besser in die bestehenden landwirtschaftlichen Strukturen sowie in die Landschaft ein.
Das Programm der 44. Bundestagung war fachlich sehr breitgefächert. Neben Beiträgen zum Flächenmanagement der öffentlichen Hand und der Zusammenarbeit mit der Straßenbauverwaltung wurde auch die Eigentümerproblematik bei der Planfeststellung aus Sicht der Enteignungsbehörde beleuchtet. Aber auch die Akteure in einer Unternehmensflurbereinigung kamen zu Wort. Bei der Präsentation von zahlreichen Umsetzungsbeispielen wurden sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen einer Unternehmensflurbereinigung aus unterschiedlichen Perspektiven aufgezeigt. Zudem wurde sprichwörtlich der Finger in die Wunde gelegt, indem Probleme und Hemmnisse im Verfahrensablauf thematisiert wurden. Neben der fachlichen Sicht ist die Kommunikation bei der Durchführung von Verfahren ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die große Bedeutung der frühzeitigen Einbindung der beteiligten Akteure wurde umfassend thematisiert.
Partizipation war auch für die rund 180 Teilnehmenden ein großes Thema. In Kurzworkshops waren kreative Ideen zu provokanten Thesen gefragt. So thematisierte der Workshop „Ohne Moos nix los“ die Sicherstellung der Finanzierung in den Projekten der Ländlichen Entwicklung. Im Workshop „Keep it simple“ diskutierten die Teilnehmenden Prozessoptimierungsmöglichkeiten in der Flurneuordnung. Das gesellschaftliche Denken zum ländlichen Raum wurde im Workshop „Die Städter denken, das Dorf sei ein Zoo (Juli Zeh)“ aufgearbeitet.
Eine ausführliche schriftliche Ausarbeitung aller Fachvorträge wird als Heft 21/2024 in der Schriftenreihe der DLKG publiziert.
Abgerundet wurde das Programm der Bundestagung durch drei Exkursionen, bei denen die Teilnehmenden unterschiedliche Projekte der Ländlichen Entwicklung hautnah erleben konnten. In Moritzburg wurde beispielsweise das Unternehmensverfahren S81 – Ortsumfahrung Boxdorf, Dippelsdorf, Reichenbach besichtigt; in Dresden Gohlis stand der Hochwasserschutz der Stadt Dresden im Fokus; in Rammenau erlebten die Teilnehmenden Projekte der Ländliche Entwicklung, bei der die Dorfentwicklung, die Flurneuordnung und der Tourismus ganzheitlich betrachtet wurden.
Traditionell wird im Rahmen der Bundestagung der DLKG-Förderpreis für besonders herausragende Leistungen zur Gestaltung und Nutzung ländlicher Räume verliehen. In diesem Jahr wurde ein Projekt des Lehrstuhls für Geoinformatik der Technischen Universität Dresden ausgezeichnet. Das Entwicklerteam Falko Krügel, Manfred Klaus, Paul Hindorf und Erik Buthmann haben ein multikriterielles räumliches Online-Entscheidungshilfesystem für die Planung der Daseinsvorsorge entwickelt. Die Laudation hielt Frau Prof. Alexandra Weitkamp von der Technischen Universität Dresden. Im Anschluss stellte Herr Falko Krügel das eindrucksvolle Projekt vor.